Im November raus in die Natur... und auf den Berggipfel zur Burg! Nackt! Brrrrr, sicherheitshalber habe ich mir eine durchblutungsfördernde Hautbürste eingepackt, um mich warm zu rubbeln. Abgesehen von den äußeren Begebenheiten, auf Waldwegen im November barfuß zu gehen, sich auf eisige Mauern zu legen und in eine große Wurzel zu kriechen, war es auch eine innere Überwindung. Ich hatte mich auf das Fotografieren gefreut, aber je näher der Termin rückte, desto mehr Zweifel meldeten sich natürlich doch... wovon die Hemmungen, sich vor einem fremden Mann mit Kamera vor dem Gesicht auszuziehen, noch die geringsten waren. Ich bin 51, ist das nicht etwas für jüngere, was für ein Verhältnis werde ich nachher zu den Fotos haben, auf denen man sieht, dass mein Gewebe der Schwerkraft folgt und die Röllchen zu jeder Jahreszeit nur minimal größer oder kleiner werden? Sicher, ich ergreife begeistert Partei für die Schönheit des Körpers in jeder Form, in jedem Alter... theoretisch tue ich das unbedingt! Niemand will diese gleichgeschalteten Körper, nachträglich bearbeitet, noch sehen. Doch will ich meinen Körper sehen, wie er wirklich ist? Wolfgang war mir auf den ersten Blick sehr sympathisch, wir konnten gleich zusammen lachen, und ich war von dem Gelände, das er ausgesucht hatte, sehr begeistert. Auf dem Weg zur Burg wurde unser Gespräch sehr persönlich, er fragte nach meiner Motivation für die Fotos, und ich erzählte davon, was das Älterwerden für mich bedeutet, welche Veränderungen ich in und an meinem Körper wahrnehme und dass ich selbst nur vage Vorstellungen davon habe, welche Seiten an mir selbst die Fotos zum Ausdruck bringen könnten. Sein Nachfragen war angenehm, ich bekam das Gefühl, dass wir alle Zeit der Welt haben; und auch seine Einladung, genau auf mein Gefühl zu hören und nicht womöglich über meine Grenzen zu gehen, wenn ich spüre, Aktfoto ist heute doch nicht angesagt für mich, gab mir Sicherheit, die Session gemeinsam zu gestalten. Ich hatte verschiedene Oberteile, Schuhe und einen weiten Rock eingepackt. Und empfehle allen, bequeme Schuhe zum Reinschlüpfen und eine Decke mitzunehmen. Während des Fotografierens fror ich interessanterweise kaum, es war ein sehr intensives Gefühl, mich nackt in der Natur zu bewegen, unter freiem Himmel zu liegen. Verschiedene Gefühle spiegelten sich auf meinem Gesicht... manchmal fürchtete ich dann wieder, dass alles angestrengt und verkrampft aussieht, aber Wolfgang war die Ruhe selbst, gab manchmal kleine Tips, hatte eine gute Mischung aus Vorschlägen und Sich Zurücknehmen. Nun sind die Fotos fertig, ich bin beglückt, diese verschiedenen Seiten von mir selbst zu sehen und fühle ein neues Selbstbewusstsein, mich zu lieben, wie ich bin: eine wissende, erfahrene Frau, die noch viele Sehnsüchte in sich trägt.